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Pentagonium Purificatum

Apocalypsis Prima: Von der Gabe der Tugenden an die Menschen

Viele Zeyten vergingen nachdem Yrla die Welt getraeumt. Da fuehlte Acrulon, Hoechster der Ewgen, Herrscher ueber alles und jedes, strenger, strafender Richter, die Welt und er sah, dasz sie reyn und makellos war. Und es vergingen viele Zeyten. Da aber sprosz der dunckle Keym, die Saat Lech’s, der Frevelhaftesten und Verfemten, und brachte Makel, Uebel und Unbil ueber die Welt und die altvorderen Menschen und alle Creathuren. Und unsichtbar, gleychsam eyner Wurzel unter der Erde, wuchs die Saat der Verdorbenheyt weyter und weyter. Und die, welche verdorben, fielen der Verdamnis des Vergessens anheym, dem Atramentum, der ewigen Schwaerze, dem Nichts, dort wo die Ewgen nicht sind und wo Lech, die Herrin der ewigen Schreye thront, da ihr Geyst fuer immer befleckt und unwuerdig das Heyl der Ewgen, ewiges Seyn im Gedaechtnis der Ewgen, weyterhin in sich zu tragen. Doch Acrulon, Ewger Weyser, geblendet und doch sehend, fuehlte die Welt und erkannte die Gefahr fuer das Heyl der Welt und die Makel, welche die Erde und Creathuren befleckt. Da sah er, dasz die Menschen die Ewgen zu vergeszen drohten und sich abwandten vom himmlischen Gesetz. Und daher drohten viele Namen der altvorderen Menschen aus dem Buch des Hoechsten zu verbleichen, auf dasz ihre Seelen in das Nichts uebergehen sollten, dort wo die Ewgen nicht sind. Und um der Verdorbenheyt Einhalt zu gebieten, sprach Acrulon Gesetz und entschied, den altvorderen Menschen, welche von Myrn geliebt, eyn Geschenck zu machen, um dem Atramentum zu entgehen. Und so rief er Maewon, den Herr des Schicksals und des Wissens und dessen Weyb Myrna, liebende Mutter, Herrin der Milde und Barmherzigkeyt zu sich, da diese sich ebenso wie er, den Menschen angenommen. Und Acrulon kuendete ihnen von dem Frevel, der Verdamnis ueber die Menschen brachte. Und also sprach er: ‚Wiszet Maew und Myrn, ob dieses Uebels, welches Lech, meyn Weyb, ueber die Welt gebracht, will ich den Menschen Gelegenheyt und Faehigkeyt geben, sich dem Uebel zu widersetzen, auf dasz sie das ihrem Geyst geschenckte ewige Seyn in dem Buch der Namen zu wahren imstande sind und nicht der Verdamnis des Atramentum anheym fallen. Also spreche ich: Ich will den Menschen drey Tugenden schencken, die sie aller Zeyt und Orth achten sollen, mit groesztem Befliszen und strafen will ich jene, die wider diese Tugenden handeln und streng wird meyn Urtheyl ueber sie lauten und meyn Richtstab gebrochen ueber ihrem Haupte, auf dasz ihr ewger Geyst verdammt sey. So waehle ich als erste und hoechste und oberste und vornehmste, als fuertrefflichste und ewgefaelligste die Demuth - -, denn demuethig seyen die Menschen vor Uns, den Ewgen, jenen, die sie erschaffen und ihren Namen Ewigkeyt gegeben, den Herren der Welt und der Zeyt. Ferner, so waehle ich als zweyte und zweythoechste und zweytoberste und zweytvornehmste, als zweytfuertrefflichste und ewgefaellige, der Demuth nahe stehend, die Treue – fides –, denn treu sey der Mensch wider Uns, den Ewgen. Und solcherarth iszet ehrhaft, wer treu iszt, denn Ehre und Treue nicht trennbar und nur aus wahrer Treue Ehre erwachsen kann. Und schlieszlich, so waehle ich als dritte und dritthoechste und drittoberste und drittvornehmste, als drittfuertrefflichste und ewgefaellige, die Disziplin – disciplina – , denn eifrig sey der Mensch in seynem ewgefaelligen Tun, denn Traege und Faulheyt sind der Acker, der bestellt iszt fuer den Keym der Verdamnis und Lethargia erwaechset hieraus und fuehrt ins Atramentum. So sprecht, Maew und Myrn, ob ihr dies recht entsinnt, wie ich entschieden, da mir Euer Rathsschlusz von groszem Werth iszt.’ Und da trat Maewon, der Herr des Schicksals und der Zeyt, Hueter des Wissens und der Weysheyt, vor und sprach. ‚Weyse und vollkommen sind Eure Worthe, Acrulon, Hoechster Koenig. Und will ich nicht in Frage stellen oder Zweyfel hegen ob dieser. So iszt es eynzig meyn Wunsch, den Menschen eyne weytere Tugend zu schencken. Doch stelle ich dies in Euer Belieben, hoher Herr. Da Ihr erwaehlt bereyts die Disciplin, die mir auch nahe stehet, so will ich den Menschen die Vernunft – ratio – schencken, die Faehigkeyt des Verstandes, denn iszet dies der Grundsteyn sich die Welt nutzbar zu machen und sich ueber die Uebel und Frevel Lech’s zu erheben.’ Und Acrulon vernahm die weysen Worthe Maew’s und wenngleych er die Vernunft als der Demuth in gewiszem Masze widerstrebend erachtet, sprach er: ’So sey es, dasz den Menschen, die Tugend der Vernunft gegeben, auf dasz sie nach Erkenntnis streben sollen und so erkennen, wie grosz und allumfaszend unser, der Ewgen Wircken iszt.’ Und also trat Myrna, liebende Mutter, Herrin der Guete und Milde, von Heymstatt und Herd vor und sprach: ‚Weyse sind Eurer beyden Worthe gewesen und doch misze ich eyne Tugend, welche ich Euch, Acrulon, bitte, den Menschen schencken zu duerfen. Da Ihr bereyts die Treue erwaehlt, welche ich ebenso guthgeheyszen, so will ich den Menschen die Barmherzigkeyt – misericordia – schencken, da der Mensch dem Mensch guth seyn soll, auf dasz weder ungerechte Fehde noch unrechter Streyt zwischen den Menschen sey, denn auch dies bestellet das Feld der Verdorbenheyt. Denn guetig seyen die Menschen untereynander und eyn jeder soll berechtigt seyn, seynem Suendiger zu vergeben, denn in Milde erwachse der Mensch zu Hoeherem.’ Und Acrulon vernahm die bittenden Worthe Myrna’s und wenngleych er die Barmherzigkeyt als der Disciplin in gewiszem Masze abtraeglich erachtet, sprach er: ’So sey es, dasz den Menschen, die Tugend der Barmherzigkeyt gegeben, auf dasz sie durch Milde zu hoehrem Seyn streben sollen, und unsere, der Ewgen Liebe zu ihnen erkennen.’ Und da Acrulon gesprochen, begann eyn neuer Tag auf der Welt und das gleiszende Licht der Sonne erhellte die Welt und Geist und Seele und Herz der Menschen, denen hiermit die Tugenden gegeben. Demuth, Treue, Disciplin, Vernunft, Barmherzigkeyt.

Apocalypsis Secunda: Von dererley suendhaften Lastern und wie sie zu bestrafen seyen

Solcherarth Irinius der Aeltere, hochweyser und von den Ewgen erwaehlter Hochabt von Mendreth, uns gelehrt, dasz alles Thun und Streben der Menschen, welches laesterlich und suendhaft iszet, gesuehnt werden kann und musz und soll, so der Mensch die Gnade der Ewgen erhalten will. Denn nur der gelaeuterte Geyst mag den trennenden Strom – das ewge Dunckel – welches Irinius Atramentum nennet, ueberqueren und in die Hallen der Ewgen eintreten. Die anderen aber wird der Faehrmann in der Mitte hinabstoszen und der Ketzer wird die Trostlosen und Verlorenen im Strom ergreyfen und hinabreyszen in das ewige Dunckel, wo sie ewige Peyn und Oednis erfahren sollen, immerdar bis ihr Geyst erlischt und nichts iszt. Daher wollen wir, den Menschen zuhylfe und um deren Geystesheyl besorgt, hernachfolgend niederschreyben, welche jauchzende Botschaft Irinius uns von den Ewgen zuteyl werden liesz, um die Gnade der Ewgen zu erfahren und unsere Schuld im Buch der Laster und Frevel zu tilgen, auf dasz die Menschen gelaeutert und ohne Furcht, die Reyse ueber die trennenden Fluten antreten koennen. Und iszet da eyner, der sich widersetzet und die ihm auferlegte Laeuterung ablehnt und ihr widersprechet und sie nicht annehmen will, wie wir sie ihm ob seyneswillen angedeyhen laszen wollen, da soll man jenem Verirrten zuhylfe eylen und ihm die Straf, wie auferlegt und geurtheylet, zufuehren, damit seyne Frevel und Laster auch ohne seynen Willen getilgt werden koennen und seyn Geyst nicht ob kurzfristiger Blindheyt oder Verkraenkung des Geystes ins Atramentum fallen soll. Und wenn er sich dennoch und fuerderhin widersetzet, dann musz er mit der hoechsten aller Strafen beleget werden, da solch frevelhaftes Thun nicht geduldet werden kann. Und wenn er dann immer noch nicht widerruft und die hoechste Strafe vollstreckt wird an seynem irdischen Leyb, dann mag es seyn, dasz seyn Geyst verloren und er hinniederfahren soll in den schwarzen Schlund, gekettet an das Untier, die Bestie Lech’s, welche dort in ewger Oednis lauert. Und eynem jedem soll durch Urtheyl unserer Gemeynschaft der ewgefaelligen Diener, die Gnade und Hylfe zugesprochen werden, je danach wie schwer seyne Thaten in Ansehen und Ausmasz ins Gewicht faellt. Und also kennen wir da, von Calinda, der Reynen, fuenfe Stimmen – Voces – an Gnaden und Buszen, welche zugesprochen werden sollen, dem Schuldigen Linderung und Laeuterung zu bringen.

Vox I. Von der Todtsuend

Iszet da also eyner, welcher hoch ewlaesterliche Frevel und Suenden begangen, der musz bestrafet werden mit dem Tode, da seyne Schuld nicht anders getilgt und seyn Geyst und Heyl nicht auf andere Weyse errettet werden kann. Hierzu sollen die zu Urtheyl Berufenen die hochlaesterliche Schwere seyner Frevelthaten und Suenden feststellen. Wessen Seelenheyl aber nur auf solche Arth und Weyse errettet werden kann, der soll ertraenkt werden, damit er erkennet, wie es ihm widerfahren waere, wenn seyn Geyst in das ewge Atramentum niedergeriszen worden waere. Iszet da aber keyn Flusz oder Strom oder Meer in der Naehe oder iszet der Frevler reumuetig, dann soll er lebendig verbrannt und die reynigenden Flammen sollen seynen Geyst laeutern. Iszt der Frevler jedoch in den Dienst der Ecclesia berufen, gelych welchen Standes, so soll er als Mann mit Peitschenhieben belegt werden, bis all seyn Bluth vergoszen und dieses, eynstmals roth wie Acrulon es ihm geschenckt, schwarz geworden wie das Atramentum selbst. Als Weyb aber, soll auf eynen Tisch oder Stuhl eyn Becher mit vergiftetem Wasser gestellt werden, an welchem die Frevelhafte gekettet, und um den Tisch soll alles voller Gluth gefuellt werden und baren Fuszes soll die Frevelhafte dort verweylen, bis sie da der Schmerz zu unertraeglich vom Wasser nimmt. Und bricht sie aber zusammen auf der Gluth, da soll eyn Hencker herbeygerufen werden und sie soll enthauptet werden. Gnaedig, welchen Myrn den Schlaf schenckt!

Vox II. Von der Leybesstrafe

Iszet das Thun und Streben des Frevlers – also auch Nefaticers – nicht von solcher Schwere, dasz zu erachten iszet, ihn zu Tode zu bringen, aber doch von so einigem Gewichte und von einiger Schwere, dasz weder Suehne noch Busze oder Zuechtigung fuer angemeszen gesehen werden koennen, da sollen die zu Urtheyl Berufenen ihm eine Leybesstraf auferlegen, auf dasz der Geyst durch das Leiden des Coerpers Reynigung erfahre. Denn der Schmerz und das Leyden des Coerpers foerdet dem Geyste das Verstaendnis zu tage, von welchem Ungluecke, fast schon krankhaft, das Thun und Streben des Frevlers iszet. Und die Folgen der Strafe sollen ihn gemahnen alle Zeyten, wie und wann er gefehlt, auf dasz dies nicht erneut geschehe. Hat sich aber eyner unrechtmaeszig am Leybe eynes anderen vergangen und sich so wider Barmherzigkeyt gefehlt, da soll er ebenso mit der Leybesstraf belegt werden, als Irinius der Aeltere schon gemahnet: ‚quid pro quo‘. Die Leybesstraf mag daher erkannt werden wie folgt: Abschlagen von Gliedern, wie Zunge, Hand, Arm oder Beyn, Maltraetieren mit dem Brandteysen, Wuergen mit der Garotte oder dem Stricke, Ausstechen des Auges, Strecken oder welche andere Arth in der Ortschaft und dem Sprengel, in welchem sich der Frevler befindet, sonst fuer angemeszen und sinnvoll erachtet wird.

Vox III. Von Suehne und Zuechtigung

In vielen Faellen, da genueget es und hierin offenbaret sich die Mildtaetigkeyt und Liebe der Ewgen, dasz nicht auf eyne Leybesstrafe, sondern auf Suehne oder Zuechtigung zu erkennen iszt. Denn Milde iszt tugendhaft und tugendhaft sey der Mensch und so sollen die zu Urtheyl Berufenen nicht zu strenge handeln, denn wenn ihr Urtheyl unangemeszen, so ueberheben sie sich ueber Acrulon, den Hoechsten Richter und handeln wider Myrn’s Guethe und sollen daher selbst wie Frevler verfolgt werden. So sey bey geringen Vergehen auf Suehen oder Zuechtigung zu erkennen, wie etwa dem Nichtspenden von Almosen, dem Luegen und Unwahr oder Falsch ueber andere sprechen, der Spiel- und Truncksucht, dem unrechten Betteln und Almosenerschleichen. Die Zuechtigung iszet fuerderhin insbesondere in den folgenden Faelle zu erkennen, welche jedoch nicht als abschliezendt zu erachten sindt: der Unzucht mit Tieren, der Unzucht zwischen Maennern oder Frauen, dem Mundtraub, dem nicht rechten Beten, dem nicht recht Demuth zeygen etc. pp. Wer aber zu zuechtigen iszet, der soll mit Ruten oder Stoecken geschlagen werden, so viel wie der Prosecutor es fuer angemeszen und billig erachtet und bis der Geyst erkannt, welch frevelhaftem Treyben er sich hingegeben. Eyn Weyb aber soll man mit der flachen Hand auf die Wange schlagen, erst die eyne dann die andere und immer fort so. Doch von der Rute soll man nur Gebrauch machen, wenn die Fehlung von besonderer Schwere. Iszt der Frevler jedoch in den Dienst der Ecclesia berufen, gelych welchen Standes, so soll er als Mann mit der Peitsche oder Geiszel geschlagen werden, deren Stricke und Riemen mit Knoten oder Dornen besetzt iszet und der Ausfuehrende schlage von oben nach unten. Als Suehnenstrafe sey auszusprechen in exempli der Frohn- oder Schulddienst fuer Jahr und Tag auf den Gemarckungen und Besitzungen der Ecclesia, der Entrichtung von Geldspenden an die Ecclesia, welche das Gespendete den Armen zuwenden soll, das Selbstgeyszeln, so es sich um eynen in den Dienst der Ecclesia bestellten handelt.

Vox. IV. Von dererley Ehrpeynigung

Solche Frevler und Suender aber, welche sich insbesondere wider die Tugend der Demuth vergangen, aber in solchem Masze, dasz eyne Suehne oder Zuechtigung als unangemeszen erscheyne, die soll man durch Ehrpeynigung ermahnen, zukuenftig und fuer alle Zeyt, der Tugend entsprechen zu handeln und ihre Worthe so zu waehlen, wie es ewgefaellig iszet. Und wer daher so verurteyhlt, dem soll eyne Schandtmaske aufgesetzt und eyn Schild umgelegt werden, auf welchem seyn Fehlen beschrieben, jedoch so, dasz eyn Dritter hierdurch nicht in Verruf gerathe. In schwereren Faellen soll er noch darueberhinaus an den Pranger gestellt werden. Ein Mann oder ein Weyb im Dienste der Ecclesia aber soll vom gemeynsamen Mahl und Beten ausgestoszen werden fuer Jahr und Tag, ganz wie es dem Prosecutor fuer richtig erscheynt und sie soll ihre Schlafstatt am Tor oder der Pforte des Closters, der Kirche oder des Hauses haben, im welchem die Gemeynschaft weylt.

Vox V. Von der Busze

Schlieszlich aber zeygt sich, dasz es in vielen Faellen von Fehlbarkeyt als angemaeszen fuer die Erhaltung des Geystesheyls erachtet werden musz, dasz die Frevler und Suender mit eyner Busze ihr Thun und ihre Worthe wieder guth zu machen suchen und ihr Seelenheyl hierdurch herzustellen. Als Buszen kommen darob in Betracht: das Widerrufen, das Gebet, der Ablasz, die Spende oder Stiftung von Geld, Vermoegen oder Habseeligkeyten, ebenso wie der Dienst an den Armen, der Gang zur Mesze etc. pp. In schweren Faellen soll der Nefatiker auf eine Pilger- oder Walfahrt geschicket werden nach Lynsbrunn oder anderen geeygneten Orth. Jene aber welche in den Dienst der Ecclesia bestellet sind, die mueszen darueberhinaus eyn Geluebde ablegen, in exempli fuer Jahr und Tag zu Schweygen oder dem Fleysch- und Weyngenusz abzuschwoeren oder aehnliches, wie es ihrem jeweiligen Patron gefaellt.

Apocalypsis Tertia: Von der Demuth und wider diese gerichtete, ewgenlaesterliche Laster

Und so berichten uns die Schriften und die Worthe des hochheyligen Severus selbst, dasz Acrulon die Demuth als die hoechste aller Tugenden erkannt. Denn die Demuth ordnet alle Welten und sogar die Hallen der Ewgen. Denn demuethig seyen alle Menschen vor den Ewgen, die Fuersten voran, gefolgt von den ihnen Anvertrauten. Demuethig sey auch der Diener vor seynem Herrn und die Magd vor ihrer Herrin, der Bauer vor seynem Fuerst, der Knappe vor seynem Ritter, der Knecht vor seynem Bauern, denn dies iszet die Ordnung der Welt, wie sie die Ewgen gefuegt haben. Und wer da also wider diese Ordnung handelt, der handelt wider die Fuegung der Ewgen und ihren Entschlusz und maszt sich an, diese aus den Angel zu heben. Wehe dem, der sich ueber diese Ordnung erheben zu koennen glaubt. So kennen wir im mindesten fuenf Laster – nefas – wider die Demuth und eyn jeder, der so handelt wie hernachfolgend beschrieben, musz streng bestraft werden, um seyne Schuld vor den Ewgen und der Welt zu tilgen.

Nefas Primum: Von der hochlaesterlichen Ketzerey und Haeresia

Item, wer also das Wesen, die Existenc oder das Wircken der Ewgen bestreytet, leugnet, abstreitet, solcherarth kundthut, sey es oeffentlich oder im Verborgenen oder wider die Ewgen oder spricht oder schreybt , der macht sich der hochlaesterlichen Ketzerey und Haeresie schuldig und begehet eyne Todsuendt und der musz mit dem Tode bestraft werden. Wenn er aber einmuetig und demuethig seyne Thaten gestehet und dieses ewlaesterliche Treyben wahrhaftig widerruft, freywillig und ohne Anlasz der peynlichen Befragung in der Gnadenzeyt – tempus gratii – dann sollen die zu Urtheyl Berufenen Gnade walten laszen im Namen der Ewgen und moegen auf eyne Leybstrafe und eyne Suehne oder Zuechtigung und eyne Busze erkennen. Wer aber voreylig und ohne Grund eynen anderen der Ketzerey oder Haeresie beschuldigt, der leystet dem Wircken der ungenannten Maechte Vorschub, die das Reych und die Ordnung umstuerzen wollen, denn auch er erschuettert die Ordnung, welche gefuegt, da er die zu Urtheyl Berufenen in die Lage bringt, faelschlich eynen Unschuldigen fuer schuldig und frevelhaft und ketzerisch zu erachten.

Nefas Secundum: Vom Hochmuth

Item, wer sich auszerhalb der Ordnung der Welt, wie sie von den Ewgen errichtet, anmaszet ueber anderen zu stehen, anmaszend auftritt, spricht oder handelt, ueberheblich iszet, der Hoffart oder dem Duenckel Vorschub leystet, oder seyne Haltung, seynen Werth oder Rang oder seyne Faehigkeyten besonders hoch veranschlaegt – superbia et arrogantia –, der fehlt die Demuth und handelt hochmuetig. Der Hochmuetige soll im mindesten mit Ehrpeynigungen belegt werden und Busze oder Suehne thun. In schweren Faellen soll er gezuechtigt werden. Denn so sprichet bereyts der Mahner Caspian ‚So will ich des Hochmuths der Stolzen ein End machen, und die Hoffahrt der Gewaltigen demuetigen.‘ Und in den Preysungen der Hoechsten heyszet es ‚Was hilft uns nur der Hochmuth, was hilft uns nur die Pracht? Was bringt uns blosz der Reychthum? So ruehmet Ihr Euch in Eurem Hochmuth, aller solcher Ruhm aber iszt boese.‘ Fabritius aber ergaenzet dies ‚Des duncklen Stromes verdammte Wesen sind im Hochmuth, der Ketzer selbst, das keyner dem anderen weichen will.‘

Nefas Tertium: Vom Morden

Wer da also in heymlicher und vorbedachter, also gemeyner absichtlicher, That eynen anderen Glaeubigen, gleych ob Mann oder Weyb, vom Leben zum Tode bringt, niedermetzelt, oder sonst eyn Bluthbad unter den treuen Kindern der Ewgen anrichtet, der iszet eyn Moerder und musz aufgrund solch hochlaesterlicher That selbst mit dem Leben bezahlen. Quid pro quo. ‚Was Du genommen, dasz sollst Du entrichten‘, spricht Severus, der Weyse. Gleychsam aber soll gestrafet werdem, wer eynen anderen zum Morden beweget, anstiftet, verleytet. So steht es in Caspians Schriften ‚Wehe, wehe wer verstohlen, des Mordes schwere That vollbracht.‘ Wer aber eynen anderen oeffentlich tothschlaegt, der iszet keyn Moerder, sondern nur ein Tothschlaeger und dem mag nach diesem Rechte vergeben werden, so es unrecht, was er gethan und er mag Erloesung finden in der Busze oder Suehne.

Nefas Quartum: Von der Prahlerey

Item, wer grozspricht, windig ueberhebend, aufschneydernd oder schautragend sich zeygt, hoeren oder sehen laeszt, wer grosztuet, wer durch Sachen, von Glantzentfaltung, Schönheyt, Schmuck und anderem, sich besonders auszuzeychnen suchet oder stolz zur Schaue traegt, wer maegden zu gefallen suchet, die nur nach Pracht und Prahlen suchen, der iszet der Prahlerey anheym gefallen und soll durch Busz und Suehne, seyn Seelenheyl wiederfinden. Wer aber solch fehlt von besonderem Gewichte und iszet er nicht vom Stande des Adels, dem mag die Leybesstraf ins Gewiszen bringen, was seynes Standes zutraeglich iszet. Denn es heyszt da bei Glivis, dem Sengenden ‚Prahler, Deyn Lorbeer verwelckt, ehe deyn Leben verdorret iszt. Alles wiszt Ihr, eurem Scharfblick kann nichts entgehen, meint Ihr, - armer Prahler! Und Acrulon der Hoechste selbst mahnet uns ‚Kuehnheyt iszet eyn Feuer, Prahlerey iszt nichts als Rauch!

Nefas Quintum: Von der Eitelkeyt

Item, derjenige unter Euch aber, der uebertrieben und maszlosz in Sorge und Furcht um seyne coerperliche Schoenheyt und seyn Ansehen oder die Wohlgeformtheyt seynes eigenen Charakters, der vergeht sich eitel wider die Demuth, denn die Eitelkeyt – vanitas – habet von seynem Geyste Besitz ergriffen. Und so soll man sie ihm wieder austreyben durch Leybesstrafe, Suehn und Busz. So steht es bei Severus ‚Eitelkeyt iszet Wahnheyt!‘. Wer aber besonders der Eitelkeyt anheym gefallen, der soll als Todtsuender bestrafet werden, denn seyne Eitelkeyt hat seyn Dencken von den Ewgen abgelenckt, hin zu sich selbst, zu seynem vergaenglichen Coeper. Theodyphius gemahnt uns daher ‚So wanderten sie ihrer Eitelkeyt nach und wurden eitel den Frevlern und Irrglaeubigen nach. In Eitelkeyt kamen sie und in Finsternis fuhren sie dahin!‘. Bethanasias aber spricht ‚Acrulon aber wird das eitel nicht erhoeren und er der Allmaechtige wird es nicht ansehen.‘ Und Mythraer sieht ‚Wie habt Ihr das Eitel so lieb und die Luege so gerne!‘. Im Ursprung des Worthes aber liegt seyne wahre Bedeutung denn so gemahnet uns Quintus Astipholes ‚Eitel aber iszet Leere, nicht mehr und nicht weniger!‘

Apocalypsis Quarta: Von der Treue und wider diese gerichtete, ewgenlaesterliche Laster

So iszt die Treue die zweythoechste der Tugenden, von Acrulon, dem Ewgen Koenig der Welten, den Menschen gegeben, damit diese dem Bund mit den Ewgen einhalten und sich nicht entfernen von diesen. Aus Treue aber erwaechst auch die Ehre, denn nur der Getreue vermag wahrhaft ehrhaft zu sein. Denn wer das Band der Treue ohne rechten Grund loeset, wer sich also lossagt von seinem Koenig, Fuerst oder Herrn wie auch von seinem Vater, seiner Mutter oder seinem Geschlechte insgesamt, der musz ehrlos werden und er gefaehrdet die Ordnung der Welten, wie sie die Ewgen bestimmet. Und Verdamnis soll sein Los sein. Und Treue sey unter den Familien, zwischen Bruedern und Schwestern, Vaetern, Muettern, Soehnen und Toechtern. Der Ecclesia aber musz jeder treu sein, der nicht sein Seelenheyl um einfachen Preis oder leichten Weg verwircken will, denn so haben es die Ewgen bestimmet. Vivat fide, vivat honor. Wehe dem, der sich von den Ewgen, dem Glauben oder der Ecclesia abwendet und untreu wird. So kennen wir im mindesten fuenf Laster – nefas – wider die Treue und eyn jeder, der so handelt wie hernachfolgend beschrieben, musz streng bestraft werden, um seyne Schuld vor den Ewgen und der Welt zu tilgen.

Nefas Primum: Vom hochsuendigen Schwurbruch

Solch Nefatiker, welcher sich herablaeszt und einen Schwur leistet, also die Ewgen anrufet zu Zeugen der Wahrheyt darob was er gesagt oder gethan, um die Wahrheyt der Aussage zu bekraeftigen oder die Aufrichtigkeyt seynes Versprechens nochmals darzulegen, indem er beispielsweyse spricht ‚Bey Myrn und Maewon‘ oder ‚Bey den Ewgen‘ oder ‚So wahr mir die Ewgen beistehen moegen‘, und der aber Falsches oder Unrichtiges beschworen, der begeht die Todtsuendt des Schwurbruchs und musz vom Leben zum Tode gebracht werden, um seyner Seele willen Gnade. Barmherzig sey Myrn ihm. Denn so spricht Myrn selbst ‚Du sollst keynen falschen Schwur thun und sollst den Ewgen Deinen Schwur halten. Wer falschen Schwur ablegt, der laestert wider die Ewgen!‘. Niemand aber soll von einem unter Zwang einen Schwur verlangen, denn bei Glivis, dem Sengenden heiszet es ‚Gezwungener Eid iszt der Ewgen Leid‘.

Nefas Secundum: Vom Eidbruch

Item, wer wider einen feyerlichen, starcken, theuren und unverbruechlichen Eid, festigendes Band zwischen ihm und dem Eidherrn, handelt oder einen solche bricht, namentlich also den Lehenseid des Vasall oder den Gerichtseid des Angeschuldigten oder des Zeugen, Leumundts oder sonstiger Person, ad exemplum Urtheyler, Schoeffen etc. pp., welchen er gegeben, der fehlt wider die weltliche Treue und damit auch wider die ewgefaellige Tugend und soll als Eidbrecher schwer bestraft werden. Im schlimmsten iszet er mit dem Tode zu belegen oder wenn er reuig iszt, mag der Eidvater oder Eidherr entscheyden und den zu Urtheylen berufenen vorschlagen, ohne Ansehens der weltlichen Strafe, dasz zur Laeuterung auf eine Leybesstraf oder Ehrstraf erkannt werden soll. Denn es steht bereyts bei Severus geschrieben ‚Dem Eidbruechigen aber liesz der treue Koenig den Kopf abhauen und die rechte Hand, welche er zum Eide ausgestreckt hatte.‘. Wer aber treu iszt, der will den einmal gethanen eid, weder aus List, Liebe noch Leid, verleugnen, biegen oder brechen‘, mahnt uns Symetrius von Tryx. Doch soll niemand gezwungen werden, falschen Eid abzulegen oder zu brechen.

Nefas Tertium: Von Lug und Betrug

Wer also sich in laesterlicher Weyse anschicket, durch Lug und Betrug, Luegenrede oder Taeuschung, einen Vorteyl zu verschaffen und sey es nur, dasz er sich ueber andere stellet oder einem anderen Schaden will, wer Unwahres spricht oder Unehrlich iszt, wer eynen Irrtum erwecken will in schaendlicher, unbilliger Arth und Weyse oder sonst mit zwye Zungen redet, der iszet ein Luegner und Betrueger und als solcher musz er durch Leybesstraf oder Busze seyne Frevel suehnen, um an der ewgen Tafel noch Einlasz zu finden. Den, wer auf der Mitte des schwarzen Stromes vom Faehrmann gewogen und als Luegner entlarvt, der wird ob der Last dieser Frevel tief sincken bis hinab zu den Fesseln des Ketzers, wo er fuer allezeyten ertrincken soll, Stund umd Stund, Tag um Tag, Jahr und Jahr bis ans Ende aller Tage. Den wer falsch redet, der stellt die Wahrheyt und die Ordnung der Welt in Frage, so wie schon Severus der Aeltere den Luegner Asphelius mahnte 'Gedencke Deiner falschen Worthe, denn sie sind geschrieben jetzt und allezeyt im Buch der Ewgen. Und sie werden sich daran erinnern und Dich an ihnen meszen. Wehe dem, der mit vielerley Zungen redet'.

Nefas Quartum: Von der Laesterey

Item, ein solcher, der einen anderen, in particulari seynen Herrn, absichtlich verunglimpfet oder ueber diesen spottet, wenn dieser nicht zugegen, der also schaendlich spricht und boshafte und untugendhafte Zunge fuehrt und schmaehlich Worth ausspricht, zum Schaden, zur Schande und zur Schmach eines anderen, wer dadurch diesen auch zu kraenken und schlecht zu machen beabsichtiget oder ihm die Schmach zufuegen will oder der, der unrecht tadelt, der macht sich der Laesterey schuldig und iszet als ein Laeterer – vituperator – also solche mir Ehrstraf, Suehne und auch mit Leybesstraf, so es angemeszen erscheynt, zu belegen. Wer aber wieder die Ewgen laesterlich spricht, der soll wie ein Ketzer bestraft werden. Und Severus mahnt uns in diesem Zusammenhang ‚Wiszet, das Spotten der Laeterer wird nicht verborgen bleiben. Weder die Laeterer noch die Raeuber werden das Reych der Ewgen erblicken!‘. Benathias der Aeltere aber sagt ‚Auf die Unschuld schielt der Verrath mit verschlingendem Blicke, mit vergiftetem Bisz toetet des Laesterers Zahn.

Nefas Quintum: Von der Feigheyt

Wer aber wider Treue und Gehorsamspflicht, weder tapfer noch mutig, seynem Herrn zum Schaden und den Ewgen zu Frevel, einer widrigen Begebenheyt sich feige zu entziehen sucht, namentlich und im Besonderen im Treffen im Kriege und daher aus Angst vor Leyd, Noth und Peyn oder gar dem Tode und Feigheyt vor dem Feynde sich daher verstecket, fliehet, oder eigenmaechtig und ungehorsamst seynen Posten verlaeszt oder die ihm uebertragenen Pflichten vernachlaeszigt, der iszet ein Feigling – alcedia – und vergehet sich wider die Treue. Und er begeht daher eine Todsuendt und musz solcherarth vom Leben zum Tode gebracht werden, wenn seyne Schuld schwer wiegt. Denn tapfer und mutig soll der seyn, dem eine Aufgabe obtragen und koste sie ihn auch das Leben, denn der Gehorsame nimmt sofort und umgehens Platcz an der Tafel der Ewgen, seyen seine sonstigen Frevel auch noch so schaendlich und unsittsam. Iszt der Schaden des Herrn oder desjenigen, welcher hiervon betroffen, gering, so soll der Feigling mit einer Leybesstrafe ermahnet und eine Ehrstrafe in additio erhalten. Denn Benathias, der Aeltere lehrt uns hiertzu ‚Ein Krieger, welcher im Treffen Feigheyt bewiesen hat, der soll verhoehnt werden und ihm soll man spotten.

Apocalypsis Quinta: Von der Disciplina und wider diese gerichtete, ewgenlaesterliche Laster

Der Mensch sei also eifrig und voller gesunden Tatdranges. Dies iszet die Tugend der Disciplin. Die ihm obliegenden Aufgaben erledige er eilfaertig und doch mit dem gehoerigen Bedacht. Des Tages Arbeit Lohn, soll Essen und Trincken seyn, des Lebens Arbeit Lohn aber die Tafel der Ewgen und der Eintritt in ihre Hallen. Der Mensch soll sich nicht reizen und verfuehren laszen oder gar ablencken laszen von Lechs‘ Uebeln, etwa sich gehen zu laszen und der Musze hinzugeben, denn vor alle Freuden haben die Ewgen die Arbeit und Buerden des Lebens gestellt und diese kann der aufrechte und gerechte Mensch nur durch Disciplin meistern. Die Disciplin iszt der Weg der zu den Hallen der Ewgen fuehrt. An seinen Seyten liegen viele Gefahren des Mueszigganges, Pruefungen Lechs‘ um den Menschen abzubringen von dem Pfad. Zu Beginn scheinen diese anderen Wege suesz wie Honig, doch sie fuehren in die Irre, ins Dunckel und ins ewige Verderben. ‚Folget dem Licht, welches auf dem Pfad der Disciplin leuchtet!‘, spricht Severus. Wehe dem, der glaubt, diesen Pfad ungestraft verlaszen zu koennen. So kennen wir im mindesten fuenf Laster – nefas – wider die Disciplin und eyn jeder, der so handelt wie hernachfolgend beschrieben, musz streng bestraft werden, um seyne Schuld vor den Ewgen und der Welt zu tilgen.

Nefas Primum: Von der hochlaesterlichen Gier

Item, ein solcher unter Euch, der in unredter Weyse begehret, der solcherarth mit maszlosem, willenlaehmendem und gefaehrlichem Triebe danach giert, eines anderen Hab und Guth oder sonstig zu besitzen, zu ergreifen oder sich sonstwie anzueygnen, der versuendigt sich der Gier – cupiditas – und soll daher im Schlimmsten, dann naemlich, wenn er Leyb, Leben oder Guth eines anderen schwer beschaedigt, als Todtsuender bestrafet werden. Denn die Gier iszt wohl der uebelsten weltlichen Miszethaten Quell, wie also der Moerder, Diebe und Raubthaeter. Bey laesslichen Freveln aber soll er der Leybesstraf unterzogen werden oder Busze und Suehne thun. So berichtet uns Calidea ueber das untergegangene Limeatha ‚Und Eure viel gepriesenen gueldenen Palaeste sind eben weiter nichts, als blosz der Abglanz von eines Maechtgen‘ Laune und Gewalth, um die sich Stolz und Gier und Habsucht scharen.

Nefas Secundum: Von der Wollust

Item, wer sich allzu sehr den leiblichen Genueszen, sinnlichen Freuden und fleyschlichen Reizen hingibt, sey es etwa durch Hurerey oder andere Arthen der zuegellosen, unkeuschen und unnatuerlichen Unzucht, wer also sich der fleyschlichen Suende und Luesternheyt hinwirft, aus Lust, gleych ob er hierbey die Ehe bricht oder nicht, oder wer ein suendiges, unsittliches, unmaesziges und lasterhaftes Leben fuehret, etwa durch geschlechtliche Ausschweyfungen, der fehlt wider die Disciplina, denn er froehnet der Wollust, solch schaendlicher Arth und Weyse Lebenswandel. Und daher soll er – welcher zur Leuterung Berufen, seyn Heyl fortan in Suehne und Busze suchen. Und eine Ehrstraf mag ihn auf den rechten Pfad der Tugend wieder bringen. Denn Severus mahnt hiertzu ‚Und auf allen Pfaden schwirren Torrheyt, Trug und Wollust frey.‘

Nefas Tertium: Von der Voellerey und Trunckenheyt

Item, wer sich fuellet mit Speys und Tranck, maszlos und ohne Unterlasz, in durchaus unguenstigem Sinne, wer sich also gierig den Wanzt vollschlaegt, schwelgt und schlemmt und saeuft bis er nicht mehr Herr seyner Sinne, wer daher von roher Ueppigkeyt iszt und ein rohes Uebermasz im Essen und Trincken walten laeszt von Gewohnheyt und Lebensweyse her, wer ein ueppiges Leben fuehret, dem rohem Genusze froehnend, wer aber auch saeuisch iszt und unzuechtig und groszprahlerisch, der gehet der Voellerey und Truncksucht – gula – nach und vergeht sich wider ewges Gebot und soll hiervon durch Suehne und Busze geheylt werden. Denn spricht schon die seelige Martha dem einfachen Manne ins Gemueth ‚Huet Dich vor Voellerey und Saufen, da kommend her all Suend zu Hauffen‘.

Nefas Quartum: Von der Unzucht

So, steht es geschrieben, dasz derjenige ein Nefatiker iszet, der unkeusch die geschlechtlichen Sitten verletztet, also in besonderem Masze Anstandt und Sittlichkeyt miszen laeszt, und daher gegen die althergebrachten Sitten, die Lebensarth, feyne Bildung und Selbstbeherrschung verstoeszet. Wer also in aller Oeffentlichkeyt dem anderen Geschlechte, insbesondere einer Jungfer, nachstellet in unsittlicher Weyse, zu verfuehren oder reizen suchet, wer sich kueszet oder gar andere geschlechtliche Handlungen in publico ausfuehret, wer es mit dem Vieh oder gar anderen Tieren treybt oder sich fleischlich niederleget nur um der Lust, des Genuszes und der Sinnlichkeyt wegen, wer hurt oder der Hurerey nachgeht, wer am Tische die guten Sitten vergiszt oder sich sonst unanstaendig benimmt und dadurch der guthen Ordnung des gemeynsamen Lebens Schaden beyfuegt oder beyzufuegen drohet, wer sich pruegelt oder rauft ohne Anlasz oder andere ebleydigt oder wer letztendtlich wider die Gebote der Ewgen allesamt handelt, der fehlt wider die Disciplina und musz als Unzuechtiger – immodestus – zurueck auf den rechten Pfad der Tugend gebracht werden durch Ehrstraf, Busz und Suehne. Denn so mahnt schon Severinius, der Juengere ‚Spiel, Unzucht und der Weyn, laeszt reich, stark, alt nicht seyn.‘ Und Cassandrassa spricht ‚Die Unzucht iszet ein Feuer, aus dem Atramentum selbst gestohlen, der Seelen Aengste Pest und Todt.‘

Nefas Quintum: Von der Faulheyt

Item, ein solcher unter Euch, der seynem Hang nachgibt zu ruhen ohne vorangethane Arbeyt und Muehen, wer dem Muesziggange froehnt, wer also ein rechter Tagdieb iszt, schlaeft zur Morgen-, Mittags- oder Tagesstundt und wes Herz traege und wessen Wille getruebet iszt und wer seyn Gemueth solch verfinstern laeszt und den Verlust an Thatcraft hinnimmt, der iszet ein Faulenzer und soll mit Ehrstraf, Leybesstrafe oder Busze belegt werden, je danach wie schwer seyn Frevel wieget. Denn die Faulheyt – acedia – iszet ein sehr laesterliches Uebel zum Schaden des Ganzen und Groszen und des Gemeynwesens darueber hinaus. Und wer sich so wider die Disciplina vergeht, der frevelt den Ewgen und kehret sich von ihnen ab. Dies gilt zuvoerderst fuer die Jungen und Starcken unter den Maennern und Weybern, da Euclydius schreybt ‚Dasz sie sich schaemen sollen ihre jungen Tage so in Faulenzen hinzubringen.‘ Die Faulheyt iszt wie eine verderbnisreyche Pflanze die keymet und wuchert allerorthen und zu allenzeyten, mahnt doch bereyts Severus ‚..wie doch das Faulenzen schmaehlich gedeyhet!‘. Der ewgefaellige Herr aber predige die Disciplina und treybe den Hoerigen die Faulheyt mit Worth und Tathen aus.

Apocalypsis Sexta: Von der Vernunft und wider diese gerichtete, ewgenlaesterliche Laster

Und so verwandte sich Maewon, der Hueter des Schicksals, Meister aller Wissenschaften, der die Welten und Zeiten kennt, den Menschen die Vernunft zu geben, dasz sie sich scheiden von den anderen Wesen der Welt, die dem Instinct folgen, der Tieren etwa, wie den Voegeln, Woelfen, Baeren, Ratten, Pferden, Eseln, Orcken oder anderem Getier. Denn die Vernunft laeszt den Mensch erkennen, wo sein Platc in der Welt iszt und ihn streben nach dem hoehren sein, denn nur dem Menschen ward die Gabe zuteyl, in die Halle der Ewgen eintreten zu koennen, wenn sein irdisches Leben endet. Der Mensch dencke in den Bahnen, welche die Ewgen und ihre Ecclesia ihm aufzeygt und er handele erst danach. Denn wer so verfaehrt, wird viel Unbil und unnuetzes Tun meiden. Daher strebe der Mensch nach dem Wissen um seine Welt und den ihn angestammten Platc, denn sie bringt Heyl. Doch soll der Mensch sich hueten vor verborgenem und verfemten Wissen, denn sie sind die Pforten in das Atramentum. Lech errichtete diese Pforten auf dem Wege der Disciplin, doch sie fuehren nur in ein Labyrinth aus dem er nicht zu entkommen mag. ‚Daher strebe der Mensch nach dem Wiszen ohne sich aber am Werk der Ewgen zu vergehen.‘, dies sind Horus, des Untadeligen Worthe. Wehe dem aber, der sich dem falschen Irrglauben hinwendet. So kennen wir im mindesten fuenf Laster – nefas – wider die Vernunft und eyn jeder, der so handelt wie hernachfolgend beschrieben, musz streng bestraft werden, um seyne Schuld vor den Ewgen und der Welt zu tilgen.

Nefas Primum: Von der hochlaseterlichen Hexerey

Item, wer sich der schwarzen Cuensthe, also der Hexerey, der Daemonologie, der Lycantrophie, der Necromantie oder wie sie alle geheyszen hingibt, diese anwendet, um sich oder anderen zu schaden oder gar den Tod zu bringen, wer auf Besen reytet, im Walde Kraeuter und Tincturen brauet, die Wesen des Atramentums beschwoeret, mit Geystern spricht und ewlaesterliche Wundtheylungen und Quacksalberey vollfuehret, wer sich also mit den Maechten der Nacht, den Dienern Lech’s, der althen Pest und dem garstigen Weybe einlaeszt, der frevelt wieder die Vernunft und begehet Hexerey und damit eine hochlaesterlich Todtsuendt und iszet daher, wenn seyne Schuldt zweyfellos feststehen, dementsprechend zu strafen. Hierob aber ergaenzen wir, dasz es uns wohl bewuszt, dasz die von uns als dritte Saeule der Ecclesia berufenen und Maewon Dienenden, welche also der Vernunft und dem Verstande huldigen, die Urspruenge dieser schwarzen Cuenste zu ergruenden suchen, mit dem hehren Ziele verbunden, diese zu bekaempfen und von der Welth zu tilgen. Daher sprechen wir fuer sie einen Dispens in dieser Arth aus, jedoch nur fuer jene, welche der Vocatus Prior der Maewchen Saeule, zu jenem gefahrvollen Studium berufen. Und dennoch und fuerderhin warnen wir jene Erwaehlten, stets wachsam zu seyn, da die Maechte, welche hinter jenen duncklen Cuensten verborgen sind, nach unserer althergebrachten Erfahrung danach gieren, auch die mit reynem Herzen Suchenden zu verderben und der ewigen Nacht anheym fallen zu laszen. Wehe, wem so widerfaehret. So sprach schon Horus von Anatheyn, erster unter den Vernunftbaren ‚Es liegt nur ein schmaler Grad im Zwielicht zwischen Licht und Dunckel. Wer zu lange im Dunckeln irret, der mag den Blick fuer das Licht verlieren und er iszt verloren fuer die Welth und die Ewigkeyt.

Nefas Secundum: Vom Irrsinn

Solche Person also, die von jener ueblen Krankheyt befallen, welche Wahnwitz, Wirrsinn oder Tobsucht genannt wird oder wer sonst Unsinn treybet oder tobsuechtig iszet oder wer der Hirnwuetenheyt anheym gefallen, wer also verruecket ist und unvernuenftig und daher dem Aberwitz vor den gesunden Gemeynsinn stellet, wen die Tollwuth, der Veitztanz oder die Lycantrophie anfaellt, item, wer also von boesen Geystern beseszen iszet, der iszet des Irrsinns – dementia – schuldig und musz errettet werden durch Suehn und Busze und mancher, vor allem die Tobsuechtigen durch Leybesstraf oder im schlimmsten, dann naemlich, wenn sie anderen schwer zu Schaden sind, mit dem Tode. Denn man musz hierdurch die boesen Geyster austreyben aus seynem Verstande. Wie man aber den Irrsinn erkennen kann, davon iszt hier viel zu schreyben, denn darin liegt viel Unbil. So berichtet uns Severus, der Juengere ‚Da wurde sein Leyd so grosz, dasz ihn Wahnsinn und Raserey irre machten. Er verlor Anstandt und Erziehung, risz sich seyne Kleyder vom Leyb, bis er vollkommen nackedt war. In dieser Aufmachung lief er ueber die Felder in unbewohnte Gegenden.‘ So gibt es verschiedenerley Arthen und Gestalten des Irrsinns, als da waeren die Melancholia, dessen Krancke sich durch duerftigen Coerperbau, Haeszlichkeyt und Vernachlaessigung und unerfreuliche charackterliche und geystigen Eigenschaften veranlaget sind. Fuerderhin gibt es die Manie und die Hysteria, von denen die erstere jenen fiebrigen Zustandt der Raserey bezeychnet - delirium sine febre cum furore et audacia – solcherarth durch besondere Wildheyt, Aufgeregtheyt und Hitzigkeyt ausgezeychnet. Frater Darminius schrieb hiertzu schon ‚Die Mania iszt in Gedancken, Worthen und Wercken dem Wahnwitz der melancholischen aehnlich, doch quaelet und treybt sie die Krancken mit Jaehzorn, Streytsucht, Geschrey, entsetzlichem Aussehen, mit weytaus groeszerem coerperlichem Ungestuem und geystiger Verwirrung umher.‘ Die Hysteria faellt indes vornehmlich die Weyber an, wenn ihre Coerpersaefte wild und verruecket sind. Von schlimmster Arth aber iszet der Irrsinn, welcher durch den Cummer der Liebe hervorgerufen wird und hiervor sollen sich vornehmlich die Moenche und Priesterinnen, Brueder und Schwestern hueten. Denn so mahnet Aswelinde ‚Am folgenden Tage kam ueber den Liebenden wieder ein boeser Ketzergeyst, so dasz er in seinem Hause in Raserey geriet.‘ und weiter ‚Man konnte ihn nicht baendigen, nicht einmal mit Fesseln. Schon oft hatte man ihn an Haenden und Fueszen gefesselt, aber er hatte die Ketten gesprengt und die Fesseln zerriszen. Niemand, nur der Ketzer im duncklen Strome, konnte ihn bezwingen. Bey Tag und Nacht schrie er unaufhoerlich in den Grabhoehlen und auf den Bergen und schlug sich mit Steinen.‘

Nefas Tertium: Von der Narretey

Item, solch Narr, Schelm, Dumbboldt oder Bappsack, welcher sich der unnuetzen und unkeuschen Narretey und dem Malefiz hingibt, als er insbesondere Laerm und Unfugt bereytet oder sich dem Spectacel hingibt, gafft oder sonst Unwesen treybt, indem er etwa andere beunruhigt durch Schandt- und Spottlied oder unwahre Schauermaer, oder der sonst Aufruhr aufstachelt, aufwiegelt, sich in allen Gaszen rumtreybt, wer unmaesziglich lacht und prustet und sonst Schabernack treybt, wer ueblen Spott verbreytet und Scherze oder Spaesze reyszt oder sonst geckhafte Possen treybt, der musz durch Leybes- und Ehrstraf wieder auf den rechten Pfad der Vernunft gebracht, denn er iszet von der Narretey beseelt und soll dafuer das ewge Dunckel als Lohn erhalten, es sey denn dasz ihn die hochheylige Ecclesia durch ebenjen genannte, wohlgemeynte und barmherzige Masznahmen errettet. So spricht schon Calidea ‚Huet Dich! Huet Dich! Vertrau ihm nicht, er narret Dich durch falsches Spiel und Posse‘.

Nefas Quartum: Vom Aberglaube

Item, ein solch einfaeltiger Mensch, meist baeuerlicher Nathur, welcher althen, duemmlichen und ueberfluessigen Maeren Glauben schenckt und solchen falschen Riten nacheifert oder wer der Quacksalberey Glauben schecnket, ohne aber ein Ketzer zu seyn, also ad exemplum Bohnen vergraebt bey Vollmond wider die Warzenpest, welcher Glueckseysen ueber seyn Haus und Hof haengt, wer die einfachen Gebraeuche der Altvorderen begehet, so etwa die Zahl dreyezehn meidet, wie der glaeubige Moench den Ketzer oder wer das Ackerglueck am Flug der Schwalben abliest, wer in den Sternen das Kommende vorhersehen will oder nach Quellen suchet mit der Wuneschelrute, der iszet des Aberglaubens – stupededia – verfallen und fehlet wider die Ratio und soll daher durch Suehne oder Busze Abbitte leysten. Denn so spricht schon Raimund der Kahlkoepfige 'Demjenigen, welcher seinen Aecker bestellet nach dem Flug der Voegel, dem sollst Du keinen Glauben schencken und mit ihm keinen Handel treyben, denn er handelt wider die Ratio und mithin wider die Ewgen selbst. Sie aber werden ihn verlaszen und er wird keine guthe Ernte einfahren fuer sieben Jahre'.

Nefas Quintum: Von der Eifersucht

Ein jeder, gleych ob Mann oder Weyb, der von jenem herben, bitteren Gefuehle befangen, von einem anderen geliebten Menschen nicht oder nur in ungenuegendem Masze Anerkennung, Aufmercksamkeyt, Liebe, Respect oder Zuneygung zu erfahren, verbunden damit, dasz dieser andere einen weiteren tatsaechlich oder auch nur vermeyntlich staercker bervorzuge oder beguenstige, der sich also hierob ausgestochen fuehlet, der frevelt wider die Vernunft und soll hierob als Nefatiker der Eifersucht – invidia – durch Leybesstraf, Suehne oder Busze zu vernuenftigen, tadellosen Leben angehalten werden. Denn die Eifersucht iszet der garstige Keim weiteren Uebels, ein Sprosz Lechs’ gesaet in der Menschen Herz, ihn zu verderben und ins Dunckel zu treyben. So spricht Severus, der Aeltere ‚Resize der Sprosz der Eifersucht heraus aus Deinem Herzen mit Stumpf und Stiel bevor der Saat der Nacht Wurzeln treyben kann.’

Apocalypsis Septima: Von der Barmherzigkeyt und wider diese gerichtete, ewgenlaesterliche Laster

Die Barmherzigkeyt aber iszt die fuerderste Tugend der guthen Mutter Myrn und aller Menschen, denn barmherzig sey der Mensch zueynander, da die Ordnung der Welth, welche der Demuth entspringt, auf zweyer Saeulen vorrangig ruhet, der Strenge – disciplina – und der Barmherzigkeyt – misericordia. So spricht uns die ewge, guthe und barmherzge Mutter Myrn zu und erzaehlt uns von den sieben leyblichen und sieben geystigen Wercken der Barmherzigkeyt, auf dasz wir Ihre Gnade koennen erlangen. ‚Ihr sollt die Hungrigen speysen, den Duerstenden zu trincken geben, die Nackten bekleyden, die Fremden aufnehmen, die Krancken pflegen, die Gefangenen besuchen und die Toten begraben. Fuerderhin sollt Ihr die Unwissenden lehren, den Zweyfelnden recht raten, die Betruebten troesten, die Suender zurechtweysen, die Laestigen geduldig ertragen, denen, die uns beleydigen, gerne verzeyhen und fuer die Lebenden und die Toten beten‘. Und wehe dem, der sich anmaszt seyn Herz hiergegen zu verschlieszen. So kennen wir im mindesten fuenf Laster – nefas – wider die Barmherzigkeyt und eyn jeder, der so handelt wie hernachfolgend beschrieben, musz streng bestraft werden, um seyne Schuld vor den Ewgen und der Welt zu tilgen.

Nefas Primum: Von der Mildlosigkeyt und der hochlaesterlichen Traegheyt des Herzens

Item, wer seyn Herz und seynen Geyst fremder Noth und fremden Leyden verschlieszet, dahin, dasz er sich deszen nicht annimmt, also weder Hilfe leystet, sich aber auch sonst nicht bemuehet, die fremde Noth zu lindern, wer fuerderhin nicht groszherzig iszt und die Frevel und Suenden des anderen nicht verzeyhen kann, der iszet der Mildlosigkeyt und Unbarmherzigkeyt anheym gefallen und musz durch Suehne, Busze oder Ehrstraf wieder auf den rechten Pfad der Ewgen Mutter Myrn gebracht werden, damit er eingedenck der groszen, weysen und wahren Worthe der ewgen Myrn ‚Barmherzig sey der Mensch, er verschliesze sich nicht der Noethe seynes Naechsten.‘ den Weg zu ewger Tafel finden kann. Iszt aber seyne Schuldigkeyt von besonderer Arth und Weyse, befaengt ihn also die Traegheyt des Herzens, dann begehet er gar eine Todtsuende und soll entsprechend bestraft werden. So spricht schon Elisiana, die Guetige ‚Myrn hat ihr Volck getroestet und sich seiner Armen erbarmet. Kann denn ein Weyb ihr Kindeleyn vergeszen, eine Mutter ihren leyblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen wuerde: Myrn vergiszet ihn nicht.‘

Nefas Secundum: Vom Geiz

Ein solcher aber, der eine zwanghafte oder uebertriebene Sparsamkeyt an den Tag leget, der habsuechtig iszt und unwillens, Hab und Guether zu teylen, wer also trotz seyner Wohlbetuchtheyt das Hergeben von Guetern oder Pfennigen vermeydet, wer also ein Batzenklemmer, Furzklemmer, Geizknueppel, Raffzahn oder eine Kraemmerseele iszet, der frevelt wider die Barmherzigkeyt und iszt des Geizes – avaritia – suendig und musz bestrafet werden, mit Suehne, Busze oder Ehrstraf. Geringerer Grad von Geiz und damit Frevelhaftigkeyt iszet die Kargheyt, die sich auf das unentbehrliche Masz von Genueszen beschraenket und zur Knickerey wird, wenn sie auch wirkliche Beduerfnisse uebersiehet, zur Knauserey aber, wenn sie darauf ausgeht, andre auf kleynliche Weyse in dem ihnen Gebuehrenden zu beeintraechtigen oder zu beschaedigen. Der hoehste und ewmiszfaelligste Grad des Geizes, wo derselbe das Ehrgefuehl des Menschen voellig ertoetet und eine niedrige und veraechtliche Gesinnungs- und Handlungsweyse zuwege gebracht hat, heiszet schmutziger Geiz oder Filzigkeyt und der ihm Verfallene soll wohl Geizhals geschimpfet werden.

Nefas Tertium: Vom Neid

Item, ein solcher, welcher von jener besonders gehaeszigen und innerlich quaelenden Gesinnung iszet, welcher also jenes Miszvergnuegen aus reyner Selbstsucht wohl entspringend verspuehret, mit dem man die Wohlfahrt und die Vorzuege anderer wahrnimmt, sie ihnen miszgoennt mit dem meyst hintzutretenden Wunsche, sie vernichten oder selbst besitzen zu wollen, wer also besonders abguenstig, miszguenstig oder schelsuechtig iszet und miszvergnuegen ueber das Glueck der anderen verspuehrt, der iszt ein giftiger und garstiger Neider und daher Frevler wider die Barmherzigkeyt und der soll durch Busze und Suehne sich hiervon befreyen, um seynes Seelen- und Geystheyles willen. So iszet es dasz der Neid des Haszes stiller Bruder iszt und beyde schaedlich fuer jedermann vor den Ewgen. Denn Myrna die guetge Mutter spricht ‚Ein guetges Hertz iszet des Leybes Leben, aber Neid iszet der Eiter in den Beinen!‘ und Octasius mahnt ‚Erstickter Neid preszt Gall und Fluch auf die verbiszene Zunge‘. Tatraniuts aber warnt ‚Wie mancher, den das Glueck gekroent, wird endtlich durch den Neid zertreten.

Nefas Quartum: Vom Zorne

Wer da also ohne gerechten Grundt sich herablaeszt in niederstem Instincte sich starckem, elementharem Gefuehle hingibt und verleyten laeszt zu heftigem Aerger, wuthartigem Affecte, Jaehzorn oder anderem Zornesausbruch, sich daher schlaegt mit anderen, Gewaltthat wickt oder auch nur boeses, geiferndes Worth erhebt, der iszet des ungerechten Zornes – ira – anheymgefallen und musz im Schlimmsten durch Leybesstrafe, Ehrstraf oder Suehne auf den Pfad der Ewgen zurueckgebracht werden. Denn der ungerecht Zuernende iszet nicht mehr Beherrscher seyner selbst und oft sind es die Maenner, die von solchem Frevel gebrauchen in ungerechter Weyse. Wer aber mit gerechtem Grunde zuernet, also Groll, Grimm oder gar Ingrimm hegt, wie inbesondere Acrulon, der Ewge selbst, wenn er seynen heyligen Zorn auf die Herrschaaren des duncklen Feyndes niedergehen laeszt, der handelt ewgefaellig und sichert sich hierdurch seynen Platc nahe dem Ewgen Richter. Denn so sprach schon Tylon von Limest ‚Laszt unsere Feynde in unserem blancken Zorne untergehen. Der Ewge Raecher, Acrulon, in den Sternen grollt mit uns wider die dunckle Pest. Reinigend wird unser Ingrimm durch ihre Reyhen gehen und die Bruth vertilgen, von der Welten Antlitz.’

Nefas Quintum: Von der Miszgunst

Item, so iszet die Miszgunst wohl des Neides boesarthige Schwester und eyn solcher, der aus reyner, purer Feyndschaft eynes anderen Vorzuege neidet, wer von besonders neidischer schadenfroher und eifersuechtiger Gemuethsarth, der iszt wohl der Miszgunst – invidentia – verfallen und soll im Schlimmsten durch Leybesstraf, und sonst durch Suehn und Busze wider die Verfehlung handeln. Denn so steht es bey Letheus dem Weysen ‚Miszgunst lauert auf, schnell regt sie Wog auf Woge, Sturm auf Sturm.‘ und Severus warnt ‚Die Miszgunst schleychet sich mit Gift und Tuecke in den tiefsten Winckeln eyn. Und Koenig wisze und sey gewarnt: ‚Deine Miszguenstigen werden Dich einst verrathen‘.

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