Vom Heyligen Seyfried
Es war in dem Jahre, als Bruder Eleusius verstarb, da kam an den Tagen des groszen Frevels, zu welchem wir Busze thun und Acrulon’s Worth hoeren, ein groszes Uebel ueber das Land Mendreth und die Stadt.
Denn mit einem Male war alles Wasser fortgegangen und die Fische lagen verendet auf dem Trockenen und die Fischer hatten nichts mehr zu fangen. Und eine Duerre kam ueber das Land, wie es bislang keine vergleichbare gegeben. Und alles Korn verdorrte und die Ernte wurde faul. Die Milch des Viehs war sauer und viele Menschen wurden krank von der Pest und waren vom Fieber gezeychnet. Viele starben jaemmerlich und es stanck ueberall in der Stadt. Vom Himmel fiel Asche auf die Erde und der Tod ging in der Stadt umher und klopfte an jedes Haus und verlangte seynen Tribut.
Der Graf von Mendreth aber war verzweyfelt, denn er wuszte nicht was er thun sollte. Da erschien ein einfacher Ritter, namens Seyfried, der aus dem Sued-Osten kam und sprach. ‚Ich bin Seyfried, meyn Herr. Die Menschen und Ihr, meyn Herr, sind vom Glauben abgefallen und darum strafet Euch Acrulon und gemahnet Euch, Euch deszen zu besinnen, was er lehret. Und ich sage Euch, da droht Euch noch viel groeszeres Unheyl, das aufkommen wird, bald schon. Kehret um und besinnt Euch des Bundes mit dem Hoechsten und den Ewgen. Ich kann Euch helfen und verlange hierob nichts um meyner selbst Willen, doch fordere ich: Werft allen Tandt und alle Goetzenbilder fort und errichtet den Ewgen zu Ehren eine Cathedrale in der Stadt von groeszerer Pracht und Schoenheyt, wie alles davor Gewesene.‘
Doch der Graf, der begierig seyne Schatzkammern gefuellt hatte und davon nichts hergeben wollte, schickte den Ritter fort mit Schimpf und Schandt.
Und wie dies geschehen, da entflammte ein groszes Feuer in der und um die Stadt und aus den lodernden Flammen erhob sich ein Untier, ein Biest, schrecklicher als alles, was bis dahin gekannt, ein Drachen schwarze Pest speyend und mit ihm kamen die Seelen der Verstorbenen, der Frevler und Ketzer schrecklich entstellt und begehrten Einlasz in die Stadt. Und das Untier ging in der Stadt umher und verschlang alles, was in seinem Wege. An seynen Leyb kettete es die Leyber und Seelen, derjenigen welche die Goetzen angebetet hatten. Und wie es drohte auch den Grafen zu holen, da wandte sich dieser zu Acrulon, den Hoechsten und bat darum, dasz dieser ihm vergeben moege. Da erschien der Ritter Seyfried erneut im Palaste und er fragte den Grafen, ob dieser nun gewahr, was geschehe und um er umkehren und sich den Ewgen unterwerfen und ihnen zu Ehren eine Cathedrale errichten wolle. Und wie Seyfried so gesprochen, da befahl der Graf umgehend, den Grundsteyn fuer die Cathedrale zu legen, er bezahlte alle Handwerker und Baumeyster im Voraus und befahl ihnen sogleych mit dem Bau zu beginnen. Und er liesz alle Goetzenbilder aus der Stadt bringen und ueber die Mauern werfen oder zerschlagen und verbrennen. Wie dies geschehen, da stieg Seyfried auf seyn Rosz und gemahnte die Menschen der Tugenden, welche die Ewgen ihnen geschenckt um ihretwillen und dasz die Menschen abgefallen waren vom wahren Glauben und dasz daher die Ewgen entschieden, den Ketzer, wie das Untier hiesz, von seynen Ketten zu befreyen und aus dem ewigen Dunckel hinaufsteygen zu laszen in die Welth, um alle zu holen, welche gefrevelt. Doch alle jene, welche sich der Tugenden besinnten, sollten verschont bleyben, denn die Ewgen seyen guetig und barmherzig. Und wie die Menschen daher auf die Knie fielen und zu den Ewgen betteten und ihre Suenden und Frevel bekannten, da ritt Seyfried los, um mit dem Ketzer zu kaempfen. Jeden seyner Hiebe widmete er eyner der Tugenden und trennte die Ketten, mit denen die Seelen am Ketzer befestigt und zu ewiger Qual verdammt. Und der Drachen spie seyne schwarze Galle ihm entgegen, doch das Licht der Ewgen schuetzte ihn hiervor. Da sprang Seyfried von seynem Rosz und ergriff die losen Enden der Ketten. Und mit bloszer Mannescraft zerrte er den Drachen, jenes ueble Tier, zurueck durch den Spalt, durch den der Ketzer aus der duncklen Tiefe gekommen war. Und wie dies geschehen, da schlosz sich der Spalt und Seyfried blieb verschwunden, wie auch seyn Rosz.
Da begann es zu regnen und das Wasser fuellte den See und die Fluesze und wusch die schwarze Asche hinfort. Und Kranckheyt und Tod wichen aus der Stadt und das Leben kehrte nach Mendreth und in die Stadt zurueck. Der Graf aber liesz die Cathedrale bauen und berichtete hiervon den Frommen in Lynsbrunn ueber das Geschehene. Diese entschieden, dasz Seyfried, jener Ritter, fuerderhin Seelig und Heylig seyn solle und der Graf liesz darob eine Kapelle zu Ehren des Heyligen errichten, dort wo Seyfried in dem Spalt verschwunden war. Als man den Grundsteyn legte, da fand man eynen eynzigen gueldenen Sporen, den das Biest dem Ritter vom Stiefel geriszen haben muszte. Diesen legte man in die Kapelle und der Graf befahl, dasz fuerderhin jeder, welcher in Mendreth zum Ritter geschlagen werden solle, fuer einen Tag und eine Nacht dort verweylen muesze, um sich der Tugenden zu gemahnen, so wie Seyfried es aufgetragen. Das Tier aber kam seyt jenen Tagen nie wieder ueber das Land Mendreth.